Wonderstories
haben nicht immer den Geruch oder Geschmack der großen zum Glück hingewandten
Wendungen. Hier erscheint das Wunder eher in der Entdeckung eines Geheimnisses.
Meine
Partnerin bekam vor über 14 Jahren eine Diagnose, die zwar die unzähligen ungeklärten
Symptome erklärten, nicht aber von Hoffnung getragen wurde. Ein Arzt erklärte
ihr und auch mir, dass sie an einer unheilbaren autoimmungeleiteten Erkrankung
litt, Lupus Erythymatodes.
Auf unsere Nachfrage
nach der zu erwartenden Lebensdauer gab er vorsichtig zwar, aber doch bestimmt
die Zahl Fünf Jahre an, plus minus 1-2 Jahre. Das erschütterte uns schwer.
Unabhängig voneinander
begannen wir uns über unterschiedliche Wege mit der Erkrankung vertraut zu
machen.
Ich
entdeckte unter vielem anderen eine Autorin, Flannery o Connor. Sie litt an
dieser Krankheit und überlebte sie um 15 Jahre. Damals bestellte ich mir die
nur englischsprachig erhaltbare Kurzgeschichtensammlung A GOD MAN IS HARD TO
FIND, Lektüre, von der man sich nur schwer erholt, wie viele Jahre später eine Literaturkritikerin
Manuela Reichert schrieb. Wohl wahr. Dennoch eine hochkarätige Literatur mit
phantastischen Sprachschatz und dem Mut zu Abgründen auf allen Ebenen.
Mittlerweile gibt es eine neu übersetzte Buchausgabe aus 2018, mit dem wegweisenden
Titel:
KEINER MENSCHENSEELE KANN MAN NOCH TRAUEN. Wie gesagt schwere Kost, aber
wunderbar geschrieben.
Zurück
zu damals. Ich las das Buch und notierte in meinem Tagebuch:
Ich traue
mich gar nicht meiner Liebsten davon zu erzählen, denn wer weiß, was es in ihr
auslöst, wenn ich von der Möglichkeit von 15 Jahren Weiterleben spreche und es
dann vielleicht noch weniger werden.
Und ich schrieb weiter:
Ein Glück,
dass Sie nicht so ein böser Mensch ist!
Mit diesem
Geheimnis ging dieser Moment im Leben unter.
Als Barbara
dann 10 Jahre später verstarb, also plus 5 Jahre länger als prognostiziert, entdeckte ich in ihrem
Nachlass dieselbe englischsprachige Ausgabe mit folgender Notiz in den ersten
Seite in ihrer Handschrift:
15 Jahre mit
dieser Krankheit, das will und kann ich mir gar nicht vorstellen. Ich hoffe
sehr, dass ich nicht so verbittere. Ute erzähle ich lieber gar nicht davon, sie
würde daran zerbrechen, wenn es keine 15 Jahre werden, sie hofft doch immer so
schnell.
Mit diesem
Geheimnis ging Sie in ihre letzten 10 Jahre.
Für mich
bestand das Wunder in der Entdeckung dieser Notizen und dem Buch.
Wir hatten
zehn sehr nahe Jahre mit einer großen Reise durch Canada, ein von ihr lebenslang gehegter Traum und einer Erfahrung
von ungemeiner Nähe im steten Angesicht unserer Endlichkeit. Meine Partnerin
wurde nie böse, es gab keine Bitternis, es gab viel Leid, viel Aufeinander
angewiesen sein, jede von jeder und ich bekam die Möglichkeit geschenkt, eine
so zu lieben wie sie ganz und gar war.
Ich hatte
diese Notizen vollkommen vergessen. Da kam eine vor wenigen Tagen und sprach davon, dass sie so
gerne dieses Buch lesen würde. Ich war wie elektrisiert und spürte ich eine unbändige Freude
daran, diese Erinnerung wieder zu spüren, mich dem noch einmal ganz lebendig zuwenden zu können.
So also
können Wunder geschehen und sie sind ganz klein und trotzdem schön und Wunder
Bar.
Das
Unaussprechliche in Beziehungen gehört zum Leben, es im Nachhinein zu erfahren
ist Glück.
Das unaussprechlich und doch wohl wahr wie ihr mit einander umgegangen seit rücksicht und so viel Liebe und Achtung. Danke für diese berührende und intensive Worte deiner Erzählung, das ist wahre Liebe und heute noch!
AntwortenLöschenWinke und schaue in den Himmel zur Barbara!
Lieben Gruss Elke
Liebe Elke, ja das waren wir, respektvoll und voller Leibe. Schön, dass Du das wahrnehmen kannst. Liebe Grüße Ute
AntwortenLöschenLiebe soll es natürlich heißen,Elke😂
AntwortenLöschenSo ein schönes kleines Wunder. WUNDERBAR :)Danke für's Erzählen, liebe Ute :)
AntwortenLöschenLiebe Hanne, ja die kleinen unspektakulären Wunder und Ereignisse, die sind es eben...liebe Grüße ins Fränkische
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