Montag, 9. März 2020

Erste Freundschaften im Leben /Thema des Monats



Wer sind wir eigentlich SELBER als Freundin?
Wie würden wir uns selber beschreiben?
Was sind wir bereit, für eine Freundin zu tun?
Bist Du eher eine Freundin in einer Gruppe, hast also viele Freundinnen?
Hast Du eher eine beste Freundin und die schon seit Kindheit an?
Hast Du Brieffreundschaften, schreibst Du gerne Briefe oder postest Du und mailst lieber?
Gibt es Ersatzfreundschaften, Hunde, Computer, Roboter?

Diese Seiten von Freundschaften waren auf interaktiv gestalteten Tischen ausgebreitet. Kurzfilme gab es auch, beispielsweise über Computer und Agenturen in Japan für Leih Freundschaften und Freundschaftsanimationen. Das alles im Museum für Kommunikation in der Ausstellung, Freundschaft im digitalen Zeitalter.
Ich fand, ich kam mir selber in dieser Ausstellung auf die Spur. So wird es zu einigen dieser Aspekte etwas von mir hier geben.

Dann versuche ich das doch mal von Anfang an.

In der Grundschule war ich eine Einzelgängerin. Das war nicht etwas, was ich wirklich sein wollte. Ich beneidete Freundinnen wie Bettina und Heidi, die wohnten ums Eck miteinander, die Mütter verstanden sich und irgendwie schien da immer alles Friede Freude Eierkuchen. Und sie waren beide auch so hübsch. Ich dachte lange Zeit, dass ich deshalb keine Freundin fand, denn ich passte nicht so in das gute Bild schöner Kinder.
Jede kennt doch bestimmt den Satz, gehen wir jetzt miteinander?  Es gab wirklich Eltern, die ihren Kindern verboten, sich mit mir bei ihnen Zuhause oder draußen zu treffen. Ich war wie ein Junge, behaupteten sie. Ich sei zu laut und würde so viel rumtoben. Auf der Straße, das war der Ort meiner Kindheit, galt das was. Ich führte an, entwarf wilde Spiele, es gab große Räuber- und Gendarmszenarien, wir fuhren wie verrückt um die Wette Rollschuh, mit dem Roller eroberten wir das Karree, die Kinder spielten gerne mit mir.
„Kann Ute runterkommen, wir langweilen uns“ ,so standen die Jungs von der Straße vor unserer Tür vor meinem Vater und der rief nur in den Flur:
„ Ute, Dein Typ ist gefragt, aber denke bitte daran, ich will Mittagsschlaf machen.“
Die Jungs rollten verwegen mit den Augen.
Das hieß, wir mussten eine Straßenzeile weiter wandern, denn wir alle brüllten oft sehr laut.
Aber eine Freundin hatte ich nicht. Insgeheim wünschte ich mir so sehr eine. Und dann schien sich das Blatt zu wenden. Marina Weiland kam in unsere Klasse. Sie wurde neben mich gesetzt. Sie gefiel mir sehr gut. Wir verabredeten uns, ich zeigte ihr unsere Straße, stellte sie den anderen vor und eine Zeit lang gingen wir miteinander. Aber eines Tages dann stand auch deren Mutter vor unserer Tür. Auch ihr war ich zu lebendig. Und ich wollte Martina immer küssen und das fand die Mutter nicht so toll. Meine Mutter fand nichts dabei:
 „Seien sie doch froh, dass meine Tochter ihre so mag.“
„Aber doch nicht so!“ Mit diesem Satz zog sie ab.
„Mit den Freundinnen und mir wird das einfach nichts!“ wandte ich mich ab.
„Freundinnen gibt’s später und wenn Du irgendwann vier oder fünf hast, wirst Du merken, das ist genug.“
Damit war dies Thema für sie erledigt und ich dachte nur, wenn ich nicht einmal eine finde, wie sollen es dann fünf werden?
Meine Mutter behielt Recht. Vier oder fünf reichen mir aus.
Ich habe Menschen mit einem großen Freundeskreis immer bewundert. Ich bin gerne in Gruppen, aber ich muss sie leiten oder ich suche eine Gruppe auf, um etwas zu lernen. Ich habe gute Freundinnen, eine beste Freundin habe ich nicht mehr. Meine beste Freundin war meine Lebensgefährtin.
Ich passe in diese Kategorien überall nicht so richtig rein.
Aber mir macht es nichts aus. Es gibt immer mal so Phasen mit der einen oder anderen.
In der Oberschule dann wendete sich das Bild. Auf einen Schlag hatte ich zwei Freundinnen. Es wäre schön hier das Bild eines wunderbaren Trios zu beschreiben, sie fanden sich und treffen sich bis heute und blieben sich treu bis in alle Ewigkeiten, Es gibt diese Trios. Wir gehörten nicht dazu. Ich war mit beiden befreundet, aber die beiden fanden sich superdoof.
Joan, eine schwarzhaarige und wilde junge Frau aus Kanada war ganz zufällig auch die Tochter eines Kollegen meines Vaters. Sie war seine Stieftochter. Sie hatte noch einen Bruder, später kam ein weiterer dazu. An beiden hängt sie bis heute und rettet sie, wo sie kann, und es gibt viel zu retten. Sie war eine Meisterin der Handarbeit, sie nähte und strickte und baute und malte, ich bewunderte ihre Kreativität. Sie mochte zwar bewundert werden, war aber selber gerne bereit auch zu loben und positives wahrzunehmen. Ich glaube, es ist richtig zu sagen, dass sie bis heute einen unzerstörbaren positiven Lebenswillen spürt und ausstrahlt. Ihr Wesenskern strahlt wie eine Sonne. Als wir uns vor einem Jahr wiedertrafen und sie wirklich betroffen von der depressiven Seite ihres ersten Bruders sprach, konnte ich spüren, dass sie alles dafür in Gang setzen würde, ihre Sonne auch zu ihm zu tragen. Sie spült nichts weg und übergeht auch nichts, sie lässt die Wesenszüge der anderen unbeirrbar durch sich hindurchfließen, voller Empathie und Zuversicht und bleibt, bis das Schwere sich verzieht. Sie sieht immer noch aus wie eine Indianerin und sie ist eine. Bestimmt.
Paz war und ist bis heute das ganze Gegenteil. Alles, aber auch das Geringste unter den Menschen und auf dieser Welt steht schwarz und problematisch vor ihr. Eine Weile lang, immerhin zwanzig Jahre lang lebte sie mit einem alten Freund von mir in einer Beziehung und hat mit ihm eine gemeinsame Tochter. Irgendwann ist er gegangen, dann auch die Tochter und nun trinkt sie zu viel Alkohol und hat keinen Lebensmut. Sie macht sich jedem zum Feind und freut sich nur Sekunden lang und haut dann gleich wieder zu. Kein Funken Selbstwert, keine Lebensfreude, gefährlich dunkel. Wir trafen uns vor einigen Jahren zufällig vor meiner Wohnungstür, weil mein Nachbar ihre Geige repariert hatte.  Es war ein zaghaftes Wiedersehen. Dann wenige Monate später lief sie an mir vorbei, mager, ein versunkenes Gesicht wie einhundert Jahre Einsamkeit. Ich drehte mich um und rief ihren Namen Da leuchtete er auf der Moment Glück, der aber keine Stunde hielt. Sie umarmte mich und ich spürte ihre Verzweiflung. Stunden lang saßen wir an dem Schlachtensee, rauchten eine Zigarette nach der anderen und tranken Bier. Irgendwie war es eine außerirdische Situation. Ich trinke nie Bier und rauche auch gar nicht. Aber es gehörte zu dieser Begegnung dazu.

Ich glaube, ich liebe die Einzelbegegnung mit Freundinnen. Ich mag es, mich hineinzugeben, ich mag es auch, dass mir zugehört wird, ich lebe in diesen Begegnungen sehr gerne. Ich gehörte auch später noch Trios an, aber ich neige zum fünften Rad am Wagen und das ist etwas gefährlich für mich. Also nehme ich lieber eine Funktion ein und bin deshalb mit von der Partie, so ab und an und eher unverbindlich.

Aber was passiert, wenn mein Gegenüber  plötzlich eine Seite von sich entpuppt, die ganz anders scheint und vollkommen anderen Gedanken anhängt als ich? Schlicht gesagt, gibt es Freundschaften mit Freundinnen, die ganz anders sind als ich, anders denken und aufgestellt sind im Leben?
Davon mehr beim nächsten Mal in diesem Theater.

Jetzt erstmal eine schöne Zeit mit Freundinnen oder nur sich und vor allem mit sich selber.



4 Kommentare:

  1. Liebe Ute
    das war interessant und spannend irgendwie auch zum schmunzeln. Es erinnert mich irgendwie auch an mich udn doch war es anders natürlich bei mir.
    Ich war eigentlich auch nur ein 5 Rad überall später mal und heute bin ich meine eigene FReundin lächle da smacht mir auch nichts aus und ich rede gerne mit fremden die wieder gehen. Doch mit dir lese ich gerne so eine andere Welt und doch irgendwie ist es doch so nah.
    Ich Danke dir für deine Erlebnisse!
    Lieben Gruss Elke

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    1. Liebe Elke,ja das ist doch das wichtigste im Leben ,mit sich selber gute Freundin sein und ich weiß,dass Du tapfer an Dir gearbeitet hast und so freundlich mit Dir und aber auch anderen bist.Sag mal,kommst Du ursprünglich eigentlich aus Finnland?Der Satzbauklang bei Dir lässt es mich vermuten,das Schwedische schachtelt auch so.ich sage immer,die Nordländer wühlen ihre Sätze immer zwischen kleinen Steinen rum.ist ein Kompliment !!!Liebe grüße ute

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  2. Erstmal vielen Dank, daß du uns wieder so eine tolle, berührende Geschichte aus deinem Leben erzählst! Ich seh dich förmlich vor mir, das wilde, kleine Mädchen. Eines, daß sich nicht unterkriegen läßt. Wie gut, daß dich die Jungs gebraucht haben ;)

    Sehr traurig ist die Geschichte mit Joan....Bestimmt hat ihr die Stunde mit dir viel Wärme gegeben. Hoffentlich so viel, daß sie sich in Gedanken immer wieder daran wärmen kann....

    Sehr schön aber, daß du - schon lange wahrscheinlich - mit großartigen Freundschaften gesegnet bist :)

    Ach ja....Ich hatte als Kind und Jugendliche eigentlich nie eine feste Freundin. Ich war ein sehr schüchternes, sensibles Kind, das erst mit 16/17 etwas auftaute. Mit meinen beiden Jungs hat sich das aber geändert und ich gewann Selbstbewußtsein. Das mit dem Selbstvertrauen haut bis heute manchmal immer noch nicht so richtig hin ;) Auch wenn mich in dieser Richtung mein Mr. B. immer gepushed hat. Und gute Freundinnen.....ja, da langt mir auch eine Hand voll :)

    Ganz liebe Grüße nach Berlin und.....bleib gesund! :)

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  3. Liebe Hanne,danke für Deinen ausführlichen Kommentar .Ich hätte gar nicht gedacht,dass Du mal schüchtern warst.im Grunde meines Herzens bin ich das heute sehr. Und das mit dem Selbstbewustsein paahh dafür sind gute Beziehungen doch immer wichtig,siehe Mister B.Barbara hat mich oft ermutigt,wenns mir mal mulmig wurde.Wir wachsen im und am Leben.So ist es dufte mit den Freundinnen.Bleibe bitte auch gesund und bis bald wieder Gruß ute

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