Mittwoch, 19. September 2018

TRAUERZEIT wenn alle bekloppt sind





TRAUERZEIT (sie ist schon zu Ende, aber mir fallen noch tausend Sachen ein dazu!!!)
Eine ganz universelle Empfindung von Trauernden scheint es zu sein, dass plötzlich so ein Bedürfnis nach WESENTLICH besteht. Bei mir zeigte es sich auch.
Wirklich, ich fand plötzlich alle Menschen um mich herum so SUPERBEKLOPPT und oberflächlich und vor allem störten mich diese sinnlosen Reibereien zwischen Menschen, die eigentlich Paare waren und sich benahmen, als wären sie im Dauernervstress miteinander. Mir fehlte die Würdigung der Gegenüber. Und natürlich dachte ich manchmal, seid doch dankbar, dass ihr einander noch habt. Schätzt es doch mal.Manchmal sagte ich das auch...
Aber dann dachte ich : Bleib COOL Baby, Du bist viel zu empfindlich.
Aber das nutzte nicht wirklich so sehr. Die Gefühle blieben. Ich sprach meine Gedanken aber niemandem gegenüber aus. Irgendwann, das Trauerjahr war schon vorbei, sprach ich das Thema dann in der Trauergruppe an(alles Menschen aus der Comminity der Lesben und Schwulen, die eine Lebenspartner*in verloren haben).
Das Problem kannten alle.
Es fielen Sätze wie, Du wirst deinen ganzen Freundeskreis verändern.
Nichts bleibt, wie es ist. Du wirst ganz andere Menschen kennen lernen.
OK dachte ich leise in mich rein. Also bloss, weil eine gestorben ist, will ich doch nicht alle verlieren. Und ich begann plötzlich alle TOTAL zu mögen und innerlich zu verteidigen, aber ich blieb ruhig. Zuhause dann nahm ich sie mir alle vor, innerlich. Und dann fiel es mir glücklicherweise auf. Sie sind alle bekloppt. Ich bin auch ziemlich bekloppt. WIR HABEN ALLE EINEN SPRUNG IN DER SCHÜSSEL. Irgendwie liebe ich grade solchen Menschen.  Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: ALLE Menschen haben einen Sprung in der Schüssel. Ich bin immer froh, dass niemand so dolle auf die Schüssel haut, dass der Sprung die Schüssel springen lässt. Und ganz im Ernst: AN GANZ SCHLECHTEN TAGEN BIN ICH DER SPRUNG in jeder Schüssel.
Seitdem finde ich alle wieder ganz dufte. Die eine oder andere könnte mal eins übergebraten kriegen, aber sooo schlimm ist es dann auch wieder nicht.Ausserdem, manchmal ist ja auch Trennung eine Lösung.
UND WESENTLICH war ich schon immer und es hätte wesentlich schlimmer kommen können, finde ich.
Und noch ein Spruch:
Alle haben einen Dachschaden, die Frage ist nur, bei wem es schon reinregnet...


6 Kommentare:

  1. Um am letzten Satz anzuknüpfen.....Je größer der Dachschaden, umso bessere Sicht hat man 😉

    Aber.....ich denke - so aus der Ferne -, dass du alles richtig gemacht hast. Sofern es überhaupt ein Falsch gibt. Als meine geliebte Oma starb, da war ich 29, wachte ich am nächsten Tag auf und fand es UNGLAUBLICH, dass die Umwelt noch genauso war, wie vorher. Im Radio waren sie lustig und sogar die Sonne schien! Zum Glück relativiert sich irgendwann alles wieder ☺️

    Schönen Septembertag 😘

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    1. Liebe Hanne,DANKE auch für den köstlichen Spruch.ich denke auch,alles relativiert sich irgendwann.Danke für den Zu Spruch😂😂😂

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  2. ...so kamen mir in den vergangenen Wochen und Monaten meine Mitmenschen auch vor. Ich habe leider auch die Erfahrung bei meiner Trauer machen müssen, das sich Menschen von einem abwenden. Doch das scheint nichts unnormales zu sein...man muss nur irgendwie lernen damit umzugehen und diese Menschen lernen zu verstehen...was trotz allem schwierig ist...gerade.

    Einen schönen Herbsttag wünsche ich dir.
    Liebe Grüße
    Faraday

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    1. Liebe Faraday, diese Erahrung habe ich gar nicht gemacht, glücklicher Weise. Im Gegenteil, anfangs haben sich die engen Freundinnen regelmäßig gemeldet und es war eine ganz klare Stimmung erkennbar von sich cauf mich beziehen...es war wirklich eher ICH, die so in diese Stimmung hineinruderte, aber gut...voneiner Freundin habe ich mich letztlich dann getrennt, aber das stand schon vorher im Raum...und ausserdem sind manchmal Lebenswege wieder verschieden...liebe Grüße

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  3. Danke für diesen Post, liebe Ute.
    Darin konnte ich mich wiederfinden.
    Schon nach dem Tod meiner Mutter Anfang 2017 spürte ich im Inneren starke Veränderungen. Auch ein Stück dieses Gefühl: Die anderen Menschen sind doch voll im falschen Film. Um was macht ihr euch einen Kopf. Das Leben ist so kurz.
    Das Wesentliche erkennen. Das kann eine vermutlich eben nur für sich selbst. Nach dem 14 Monate nach meiner Mutter auch mein Vater verstorben ist - auch nicht einfach friedlich eingeschlafen - hat das eine weitere tiefe Erschütterung gegeben.
    In der Wiederholung der Reaktionen von Menschen in meinem Umfeld auf "meine" Verluste, haben sich ...hm... die menschlichen Verbindungen verändert. Von meiner Seite.
    Ganz sicherlich auch aus einer große Ent-Täuschung heraus. Und ich denke/meine, dass es heute eher eine realistischere Sicht auf die Dinge ist. Es geht nicht um falsch und richtig. Oder besser oder schlechter. Es ist wie es ist.

    Altes Loslassen. Punkt. Bei mir sein. Punkt.
    Und (anders) offen sein für neue Menschen, für Neues im eigenen Leben.

    Hm... ich habe das Gefühl klarer zu werden. Nach dem Tod meiner Elter und einer schwer erkrankten und mir sehr nahe stehenden Freundin.
    Und was für mich nicht mehr geht... es fällt mir schwer gehbare Wege zu finden. Doch ich habe das Gefühl, dass ich die innerern Änderungen annehmen muss/kann und das nach außen auch sichtbar sein darf...muss.
    Und das, was vor dem Tod meiner Eltern schon nicht ging, dass geht jetzt gar nicht mehr.

    Danke Ute, dass Du Deine Gedanken, Gefühle und Wege hier notiert hast. Wie so häufig für mich inspiriend und bewegend.

    Ahoi und viele Grüße nach Berlin!
    Oona

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  4. Hallihallo, Du Liebe
    auch ich musste am Ende des Textes herzlichst lachen. Ich danke Dir aus der Ferne dafür. Mit so einfachen Sachen kann man auch Freude machen...
    Sehr gefreut...
    Schön, wennn die Mundwinkel bei den Ohren zu Besuch kommen... denn:
    Schmunzeln veredelt die Runzeln
    So nun aber genug mit den Sprüchen ;).

    Bleib gesund und fröhlich, denn das Leben ist lebensgefährlich und endet mit dem Tod, den Spruch liebe ich ja auch...

    Allerherzlichst
    Brigitte aus der grünen Mitte

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