Freitag, 9. Oktober 2015

Vom achtsamen Umgang mit dem Schönen im Leben Tag 3





Vom achtsamen Umgang mit dem Schönen im Leben Tag 3
Zweimal in der Woche gehe ich durch den mittleren Teil der Wilmersdorfer Straße und gehe vorbei an Sinti oder Roma aus Rumänien. Wir kennen einander an den Gesichtern, es geht ein Hallo des nicht mehr Anonymen durch diese regelmäßigen Begegnungen. Mein Bettelgeld findet hier seinen Platz. Harte Arbeit, Tag für Tag Stunde um Stunde auf hartem Asphalt sitzen und fürs tägliche Brot zu betteln. Auch Das ist Kultur.
In den letzten zwei Wochen dann kommen von der wirklich alten Frau vermehrt die Bitte um Iboprofen, Schmerzen am ganzen Körper deutet sie mir. Auf offener Strasse zeigen und sehen, was schmerzt. Zur Jebenstrasse will sie nicht. Sie ist NICHT OBDACHLOS…darauf weist ihr Sohn mich eindringlich und auch stolz hin. Wo sie wohnen wird mir nicht verraten, ich frage aber auch nicht.
Und jetzt der schöne Teil der Geschichte. Mein Hausarzt findet es völlig selbstverständlich, dass ich die Familie zu ihm bringen soll. Er behandelt ohne Frage nach Geld. Was er weiß, ich aber nur ahne, diese Menschen werden ihn entlohnen, so oder so…und das ist es…entweder wir lassen einander berühren…wir nehmen das Fremde als Fremdes respektvoll wahr und dann werden unsere Herzen voll…Für mich war die beharrliche Begegnung und das Bettelarbeitende und die Lachenden Gesichter und das Kusshandwerfen und das bekreuzigen und das Hand auf das Herzlegen…all diese Gesten waren mein Bestes vom Tage, mein segensreicher Start in die Tage…
Wie es ausgeht? Es geht nicht aus! Es geht weiter! Gesund ist nicht die Option bei diesem Lebensstil. Gehört und im Ziehen durchs Leben behandelt werden…das ist es, worum es ihnen geht, dieser Familie.
Ich habe das Gefühl, wir alle Beteiligten haben uns selber gesegnet durch diese Begegnungen.
Mein Hausarzt spricht von „Ziehendem Volk“ und bei den vielen Migranten, die kommen, spricht er von „Fliehenden Menschen“.
Er verliert keine großen Worte, wir verlieren keine großen Worte, wir verschenken unsere Herzen, heute…
Das ist meine achtsame Begegnung und Würdigung an diesem 3. Tag.
Uns allen einen friedlichen Umgang mit diesem Freitag und irgendeinen Segen, den wir uns selber schenken…



1 Kommentar:

  1. "Ziehendes Volk" - das ist so ein schön altmodisch-würdiger Ausdruck, und bei den fliehenden den Menschen nicht zu vergessen, das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Ist es aber leider nicht, vor allem bei manchen regierenden Bayern.

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