Braucht die Seele einen Raum?!

 

Braucht die Seele einen Raum?

Ja!

Es kann der Raum in einem Bild sein

aber auch in einer Begegnung

die Sehnsucht kann diesen Raum zu füllen suchen

genauso gut die Tiefe in einer Literatur

das Bunte in meinen Räumen

in einem Durcheinander sich wohlzufühlen kann dieser Raum sein

beim Gießen der Pflanzen und dem Ordnen von Dingen bildet sich ein ruhiger Raum

 

Ich finde die Frage so FEIN…

Ich fand diese Frage auf einem Kreativtisch in einem Museum vor und mich sprang diese Idee an und ich erinnerte mich an ein Ereignis, das mich zu Pfingsten nach der Pandemie einholte.

 

 

Es wurde in Aussicht gestellt, die Museen wieder zu öffnen. Logistisch ein Jahrhundertorganisationsmarathon.

 Ich hatte noch nie ein Lieblingsbild gehabt, das ich vermisste.

Der Mönch am Meer

Dieses Gemälde wollte ich anschauen.

 

 

Ich zog also los und betrat mit großem Respekt die alte Nationalgalerie.

Es war dort menschenleer. So leer wie in den Monaten zuvor auf dem Kurfürstendamm. Eine einzige Kasse geöffnet. Übers Internet hatte ich die Buchung sofort aufgegebene. Ein Netz, was zusammenbrach. Jede redete davon. Auch hier an der Kasse musste ich nichts dazu sagen, es war bekannt. Die Kassiererin lächelte und buchte mir ein Zeitfenster. Einen Begriff aus einem neuen Jahrtausend. ZEITFENSTER.

Ein Zeit Fenster am Pfingstmontag von 12-15 Uhr.

Ich erzählte der Dame an der Kasse, dass ich so eine Sehnsucht nach Bildern hätte und sprach vom Mönch am Meer. Ihre Augen lächelten. Als sie mir die Tickets reichte, hielt sie einen Moment lang inne.

„Haben sie noch Zeit?“

Ich bejahte.

„Sie können jetzt in den Saal zu ihrem Bild, eine Stunde lang. Wollen Sie?“

Ich schaute ungläubig.
Sie brachte mich hin und schenkte mir den Saal für eine Stunde.

Ich setzte mich auf eine der beiden Bänke und fing unvermittelt an zu weinen. Ich konnte es nicht fassen. Ich wusste, das würde mir nie wieder passieren. Nie wieder würde ich durch menschenleere Säle in der Alten Nationalgalerie schreiten, nie wieder hätte ich einen ganzen Saal nur für mich, nie wieder den Mönch am Meer ganz für mich alleine. So stellte ich mir reich sein vor. Jemand bestellt einen Saal und niemand stört dich.

Ich weinte, staunte, betete und betrachtete dieses Bild. Ich fand nach Wochen einer merkwürdigen Art der Isolation in einen Modus der gewünschten Ruhe mit Aussicht aufs Meer und das Leben.

Da wusste ich noch nicht, wieviel Platz in den nächsten zwei Jahren das Meer in meinem Leben einnehmen würde. Ich wusste nichts. Ich stand wie der Mönch vor dem Meer vor dem Bild mit dem Mönch am Meer und meditierte vielleicht auf eine ähnliche Weise über mein Dasein im Angesicht eines großen Daseins.

Ich wusste, dies wäre eines der großen Geschenke im Schicksalsschlag der Pandemie. Ich wusste es und würde es nicht mehr vergessen.

Als mich die Dame wieder abholte, hielt sie eine Postkarte mit dem Motiv in der Hand und überreichte mir dies in einem Umschlag.

 

 

Dies ist mir der Raum für die Seele im Bild

Für die Mönchsgestalt das Meer

Für meine Seele der Blick sowohl auf diese Gestalt als auch aufs Meer als auch zurück in meine Seele.

Braucht die Seele einen Raum?
Sie braucht viele Räume.