24. Stern Weihnachtswundermenschen

 

Vorgestern stand ich in meinem Lieblingsdiscounter. Den Geschäftsführer kenne ich seit mindestens 20 Jahren. Wir haben schon Sitzbänke im Kassenbereich für Kiezgespräche und mit Cafeausschank zusammen aufgestellt, da war damit in Deutschland noch gar nicht zu rechnen. In Schweden trank zu jener Zeit längst schon jede Nachbarin mit der anderen im Supermarkt Karat Kaffee Schwarz aufgekocht, ekelig aber gemeinschaftsstiftend. Will sagen, dieser Geschäftsführer und ich haben schon einiges miteinander durchverhandelt und erlebt.

Also vorgestern rief er mich an. Er habe ganz viel Ware, die niemand mehr abhole. Mindesten 10 große Papiertüten voll. Ob mir Leute einfielen, die das haben wollten.

Mir fielen sofort 3 Nachbarinnen und eine Familie ein, die sowas wundervoll finden könnten. Ich ließ 5 Tüten für uns reservieren und begann herumzutelefonieren. Eine Freundin von mir sagte sofort zu, die Waren abzuholen. Wir würden uns einen Einkaufswagen leihen und zusammen alles zu uns rüberbringen.  Also machten wir uns auf den Weg. Normaler Weise landen diese Tüten bei Too Good To Go, aber so kurz vor den Feiertagen waren vermutlich alle verreist oder schon festgelegt. Ich selber hole mir alle zwei Wochen so eine Tüte für 4.50€, darin sind aber Gemüse im Wert von mindestens 15 Euro. Du brauchst die App und wirst benachrichtigt. Du brauchst aber auch eine Kreditkarte als Zahlungsmittel. Also für wirklich Bedürftige ist das eher nicht. Aber auch das ist in unserem Kiez kein Problem, denn derselbe Discounter ist an der wöchentlichen Ausgabe kostenfreier Lebensmittel rund um unsere Kirchen beteiligt.

Also wir kamen dort an, da hatte der Leiter der Gemüseabteilung schon einen Wagen bereitgestellt, auf jede Tüte einen kleinen Blumenstrauß gelegt und ich kann Euch sagen, was in so einer Tüte drin war…paradiesisch. Mir kamen die Tränen und meiner Freundin auch. Ich gab dem Chef einen 20 Euroschein für die Kaffeekasse und wir gingen Nachhause. Ich hatte mir ja im Vorhinein eine Tüte für 4.50€ organisiert.

Da waren drin: Sehr viel Rosenkohl, Demeter Kartoffeln eine Tüte, eine große Hand voll Trauben, eine Gurke, mindestens ein Kilo Tomaten, zwei Lauchstangen, ein Kopfsalat, Babybananen eine Handvoll, Snackpaprika eine Tüte, zwei rote Paprika, ein Sellerie, zwei Äpfel, 1 Strauß Nelken als Geschenk des Hauses, 1 große Schale brauner Champignons, ein paar Zwiebeln.

So sehen normalerweise die Tüten auch aus und sind heiß begehrt. Aber diese Feiertage haben es irgendwie gesprengt. Egal. Die Tüten der anderen sahen ähnlich aus.

Wir trafen uns dann alle in meiner Wohnung und haben Tee und Kaffee getrunken. Das war Weihnachten. Mehr brauchts nicht, dachte ich. Ungeachtet dessen sind alle gut vernetzt, keine von uns ist alleine oder einsam. Aber die meisten haben wirklich kleine Renten. Aber das macht in der Regel gar nichts aus, denn alle lieben die Freiheit Zeit zu haben, sich um Enkelkinder zu kümmern oder ihre Tiere, die meisten arbeiten auch noch nebenher oder sind politisch engagiert. Aber diese Tüten sind ein Knüller und wir danken an dieser Stelle nochmals. Frohe Weihnachten.

Die Mitarbeiter*Innen dieses Discounters sind unsere Alltagshelden.

Der Chef bat mich ausdrücklich, den Namen des Supermarktes nicht zu nennen, denn kostenfreie Abgabe auf diesem Weg ist nicht erlaubt. Okidoki.

 

All meinen Leser*Innen auch auf diesem Weg ein gesegnetes Weihnachtsfest, inspirierende Rauhnächte, einen gesunden und phantasievollen Jahreswechsel. Gesund bleiben und voller Vertrauen weitergehen.

Friedvollen Umgang miteinander.