Dienstag, 21. Februar 2023

Wonderstories Briefe Handschriften




 
Wonderstories
Briefe Handschriften
 
Beim Anblick dieses wunderschönen Briefkastens fing ich an nachzudenken, was es mit dem Briefeschreiben so auf sich hat.
 
Aus meiner letzten langjährigen Beziehung besteht ein kleiner Handkoffer mit den Briefen meiner damaligen Lebensgefährtin. Als sie verstarb fanden wir nach langer Suche mehr durch Zufall meine Briefe an sie. Wir hatten die ganze Wohnung abgegrast, Schränke durchforstet, Regale durchsucht, und dann endlich eines Morgens beim Aufwachen sagte ich einfach so in den Raum hinein:
„Mensch sag doch wo die Briefe sind, ich finde sie nicht!“
Ich achtete nicht auf meine Wortwahl. Ich meinte natürlich, zeig mir, wo sie sind.
Aber Tote reagieren sehr direkt, also sie nehmen die Wortwahl wörtlich.
Die Idee der direkten Ansprache hatte mir in diesem Falle schon einmal geholfen. Mein Schwager hatte mich darauf gebracht, als er mir deutlich machte, dass Verstorbene in den ersten sechs Wochen mit den Lebenden kommunizieren.
Ich stand also an diesem Morgen auf und grübelte weiter über die verschwundenen Briefe nach. Beim Kaffeekochen schaltete ich das Radio ein. Es lief eine Sendung über Tagebücher und ein Tagebucharchiv. Plötzlich fiel der Satz:
„Tagebücher und intime Briefe werden meist unter dem Bett oder unter Schränken verborgen, um die Inhalte vor Unbefugten zu verbergen.“
 
Da fand ich sie. Unter einer Kommode direkt gegenüber dem Bett. Ganz an die Wand gedrückt, damit sie nicht von außen zu sehen waren. Ich bedankte mich erleichtert.
Es waren viele Briefe. In 35 Jahren waren insgesamt 476 Briefe und 243 Notizzettel zusammengekommen. Wir hatten nie zusammengewohnt, außer in den Ferien. In den letzten zehn Jahren hatten wir zumindest in einem Haus übereinander gewohnt. Aber auch das hielt uns nicht von den Zetteln und kleinen Briefen ab. Manchmal nur Kleinigkeiten, wie:
Schau mal in deinen Kühlschrank herzlich Deine Schneeeule. Dann war da eine Schokolade.
Wir hatten uns in einer Zeit kennengelernt, wo niemand Internet hatte oder ein Handy. Es gab Telefone und Telegramme oder Briefe oder Zettel. Unsere Diplomarbeiten ließen wir in Schreibbüros tippen. Urlaubsgrüße kamen in Kartenform. Ja, es gab Postkarten, die hingen dann an der Wand oder schmückten Ordner. Urlaubsfotos oder andere wurden entwickelt und richtig gezeigt.
Auf jeden Fall wurde mit der Hand geschrieben.
 
Das ging mir so durch den Kopf, als ich diesen wunderschönen alten Briefeinwurf sah. In meiner Wohnungstür gibt es auch noch den Briefschlitz. Die Zeitung wird dort manchmal reingesteckt, wenns im Briefkasten zu eng geworden ist.
 
Und mir ist noch etwas Trauriges aufgefallen. Als ich vor drei Jahren eine neue Partnerin kennenlernte, schrieben wir nur noch whatsapp und emails.
Ich habe nicht eine einzige handschriftliche Notiz von ihr. Nicht einmal eine Widmung in geschenkten Büchern oder einen Zettel auf dem Küchentisch.
Keine Handschrift. Das ist doch traurig.
Von mir gibt’s Küchentischzettel, das weiß ich.
 
Wann habe ich die letzten Briefe oder Postkarten bekommen? Zu meinem Geburtstag. Ich bin in den Tagen davor und danach immer neugierig und schaue mehr als sonst hinein.
Seit in der letzten Zeit durch Personalnotstände unsere Postzustellung nur noch unregelmäßig stattfindet, überlege sogar ich, ob ich eher mails als Post verschicke.
Oder ich gehe in Berlin eben selber vorbei.
 
Es ist schön, dass es whatsapp und emails und instagram und blogs gibt. Ich liebe das Internet und meinen laptop und mein smartphon.
Briefe und Postkarten bedeuten: Ich habe mir für Dich Mühe gemacht und Dir meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit geschenkt. Das ist eine feine Geste.
 
 
 
 



 

2 Kommentare:

  1. Schön dass du die Breife gefunden hast , ich habe auch einen Breif von meinem Schatz erst wieder gelesen den ich bekommen habe vor 10 Jahren, Ich muss sagen es war auch schön als du uns geschrieben hast damals und wir aber ratlos waren zu schreiben oder nicht, da wir in dieser Zeit eine Brieffreundin die jahrelang gehalten wurde aus der Traumaklinikzeit verstorben war und irgendwie einen Knacks weg bekommen hatten seit dem wieder. Ich habe deine Buddhakarte in der Hand gehalten genauso und was du so geschrieben hast.
    Doch funktioniert es nicht .... hier im Blog geht es. Schade...
    Lieben Gruss Elke

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  2. Wieder mal eine so schöne Wonderstory ☺️Dankeschön, liebe Ute 😘
    LG Hanne 😊

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