Noch ein Nachtrag: Das Gedicht der 12. Woche ist übrigens aus dem Jahr 1976, was habe ich denn als 20 Jährige gedacht, das das Leben schon zuende ist? Im Moment ist mir nicht so nach Dichten, also hole ich mal den Fundus hervor.
Ein
Klassiker dieser Tage:
Ich sitze
der S Bahn, weit genug weg von anderen, mittags fast irreal in Berlin, als ich
auf meinem Handy eine Nachricht meiner Freundin Sigrun entdecke. Eine
Sprachnachricht. Da alle in guter Entfernung sitzen und selber an ihren Handis
rumspielen, denke ich erstmals in Meinem Leben, ach so an´s Ohr gehalten, kann
ich das mal abhören. ZACK DER LAUTSPRECHER LEIDER GANZ LAUT gestellt, ertönt
erstmal einer ihrer derzeitigen Hustenanfälle und ehe ich mich versehe, stehen
drei Leute um mich herum, reichen mir ein Taschentuch und bitten mich inständig
aber immer noch höflich:
„Bitte
husten Sie in ein Taschentuch hinein.“
Ich bin
zuerst verdutzt und dann merken sie selber, dass die Husten Beller aus dem
Handy kommen.
„Ach Entschuldigung
und gute Besserung für die andere Seite.“
„Alles ok,
sie hatte grade eine Lugenop, und das ist gesund, wenn sie so hustet.“
Wir mussten
dann so lachen und ich höre mir unter Garantie nie wieder eine Nachricht im öffentlichen Raum ab. Ich
fand das irgendwie gut, denn manchmal gibt es ja tatsächlich noch unbefangene Unachtsamkeit.
Die andere
Seite der Medaille sind die freien Orte, wunderbar, um entspannend Nachhause zu
wandeln. Gestern bin ich am S-Bahnhof Brandenburger Tor auf dem Heimweg von der
Arbeit ausgestiegen und zufrieden durch den Tiergarten gestiefelt. Die Blaue
Stunde mit Vogelgezwitscher ist eine große Gnade der Göttinnen in dieser Zeit
und auch sonst.
Da ich ja
nicht weiß, was noch so kommt, habe ich mir bei meiner
Lieblingsbuchhandlung Ackazienhacker in der Leonhardstrasse feine Bücher
abgeholt. Die Besprechung dieser Titel könnt Ihr in den nächsten Dreißig Tagen
erwarten, sofern Internet weiter funktioniert.
Bestellt
hatte ich mir von Kerstin Hensels das neue Buch REGENBEINS FARBEN. Es geht um
drei Frauen, alle aus dem Kulturbetrieb, eine Malerin, eine Journalistin und
die dritte eine Sammlerin, alle treffen sich immer wieder auf dem Friedhof, sie
habe alle ihre Männer verloren. Und dann taucht ein scheuer Galerist auf, auch
er seit kurzem Witwer und dann entsteht eine Dynamik…eigentlich natürlich ein
Buch für meine Freundin, die sich grade in eine Malerin verliebt hat. Aber gemach
gemach, das alles erst einmal der Klappentext.
Und dann
habe ich noch ein Buch von Annie Ernaux entdeckt, Erinnerung eines Mädchens…das
war der letzte Band ihrer kollektiven Autobiografie, den ich noch nicht gelesen
habe. Sie beschreibt sich selber als Ethnologin ihrer Selbst. Um zu
verdeutlichen, was die heißt, hier ein Auszug aus dem grade erstandenen Buch:
„Soll ich
unter diesen Umständen das Mädchen von 58 und die Frau von 2014 zu einem ICH
verschmelzen? Oder, was mir rein subjektiv zwar nicht am stimmigsten, dafür
aber am aufregendsten erscheint, beide voneinander trennen, sie in ein SIE und
ein ICH aufspalten, um bei der Darstellung von Ereignissen und Handlungen bis
zum Äußersten gehen zu können? Und das auf Grausamste, so wie die Menschen, die
man hinter einer Tür über einen selbst reden hören, die SIE oder ER sagen und
in diesem Moment meint man zu sterben.“ (S.21 aus Erinnerung eines Mädchens
2020)
Das tut sie
in all ihren Büchern und es ist ein sich in der Welt auseinandernehmen,
wahrnehmen in allen Schatten- und Sonnenseiten, immer grenzenlos und oft auch Tabus antastend ,überschreitend und beschreibend. Wirklich ergreifend zu lesen.
Annie Ernaux
ist 80 Jahre alt und hat die Bücher erst ab dem 40zigsten Lebensjahr
geschrieben. Es war 1983 eine Sensation, sich so in die Biografie Ethnologie zu
wagen, sie hat sie in dieser Konsequenz quasi erfunden.
Sehr
berührende Bücher sind die über den Tod des Vaters und über die Mutter.
Das Buch
über den Vater, DER PLATZ, beginnt mit einem Zitat von Genet:
„Ich wage eine Erklärung: Schreiben ist der letzte Ausweg, wenn man einen Verrat begangen hat.“
„Ich wage eine Erklärung: Schreiben ist der letzte Ausweg, wenn man einen Verrat begangen hat.“
Ihr Verrat,
mit dem sie sich liebevoll und klar zugleich auseinandersetzt ist der an ihrer
Herkunft, wirklich toll zu lesen und empfehlenswert.
Heute kam
eine mich beruhigende Nachricht: Frankreich verhängt zwar ein Ausgangsverbot/Einschränkung
der Grundrechte Achtung immer aufpassen/aber Joggerinnen und Jogger dürfen
alleine in der Stadt laufen, LEUTE ICH BEGINNE ZU JOGGEN, garantiert. Da
brüllen ja die Hühner im Karton.
Frauen,
bleibt wachsam achtsam und einfach nur locker durchatmen. Wer damit Sorge hat,
dem hier die kleinen bezaubernden Cartoons.
und hier noch ein Frühlingsgruß
wie gesagt, ich bin keine Heldin des Selfies.
PIEP PIEP PIEP, wir haben uns alle lieb ;) Dein Klassiker ist wieder sowas von DU ;)Und....SELFIES KANNST DU :)
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