Sterntaler/Illustration Janusz Grabianski/aus Märchen 1964 |
Bettelgroschen
Ich fahre an
fünf Tagen in der Woche ungefähr zehn Stunden mit der Bahn. An diesen Tagen
werde ich von mindestens zwei bedürftigen Menschen, zumeist Männern, Frauen
eher selten, um Geld gebeten.
Dann sitzt
da noch Tag für Tag der Mann am S Bahnhof Pankow, immer an der gleichen Stelle,
auf der gleichen Seite am Ausgang oder Eingangsbereich, je nachdem, wie ich
mich ihm nähere.
Immer sitzt
er da mit einem zur Erde fast geneigten Kopf. Nicht aus Scham. Sein Genick ist
irgendwann einmal mit dem Rücken eingebrochen. Manchmal zieht er sich am Abend
vor dem Weggehen, wo auch immer er dann hingeht, auf fast intime Weise seine
Hosen hoch. So vergesse ich nie, dass er ja viele Stunden lang hier an seinem
fast intimen Rahmen gesessen hat.
Einmal in
diesem erbarmungslosen Sommer wollte ihn das Securitypersonal sehr herzlich
dabei unterstützen, in einen Schattenbereich umzuziehen. Viele Stunden lang
brannte über ihm die Sonne. Das lehnte er freundlich ab, bedankte sich aber für
das Kümmern. Sie brachten ihm darauf drei große Flaschen Wasser und stellten
sie vor ihm ab. Er war gerührt und schneuzte sich verlegen, dabei legte er den
Kopf schief, so dass er sie wirklich ansehen konnte. Ich kenne seinen Namen
nicht.
An einer
ganz anderen Stelle in Berlin sitzen Tag für Tag ein Ehepaar aus einer
Romafamilie auf einer großen Einkaufsstraße. Er an der einen Ecke, sie an der
anderen, einander sitzen sie gegenüber und haben sich im Blick. Das ist ihr
Schutz. Sie lieben einen frischen Cafe von Tschibo und brauchen ab und an
Iboprofentabletten. Beim Wiedersehen gibt es immer ein großes Towabou mit Segen
und betenden Händen und Umarmung.
Der Chef der
Bahnhofsmission, ein Mann meiner Generation und auch Scene hat einmal im Winter
letzten Jahres ein großes Interview mit dem Tagespiegel gegeben. Es ging auch
um die Bettelei und das ewige Abwägen, ob man/frau den Alkoholisierten
Obdachlosen den Euro fürs Bier oder den Schnaps gibt oder nicht. Er wies sehr
deutlich darauf hin, dass es immer noch besser sei, ihnen diesen Alkohol zu bezahlen,
denn wenn sie ihn bei der Kälte nicht bekämen und dann auf Entzug kämen, dann
bestünde die Gefahr des Todes sehr wohl. Zum Abschluss wurde er gefragt, was er
so spendete und er erzählte, dass der Papst gesagt hätte, eine Spende müßte dem
Spender immer weh tun, sonst wäre es keine. Darüber würde er immer noch
nachdenken.
Ich habe
immer in jeder Tasche links und rechts je 0.50 Euro/Cent. Die dürfen am Tag
weg. Und dann gibt es den Cafe oder die Tabletten oder etwas zu essen oder
oder. Ich will nicht, dass es mir weh tut. Ich will, dass es den Menschen mir
gegenüber nicht weh tut.
Ich glaube
fest an das Echo in der Welt. Was wir gutes hineinrufen, schallt freundlich zu
mir zurück.
Ich kenne
Menschen, die von ihrer Grundsicherung Geld verschenken.
stimmt die gibt es wirklich solche Menschen die was übrig haben und so bist du es auch finde ich sehr berührend!
AntwortenLöschenDu glaubst und das Echo kommt auch bestimmt!
Lieben Gruss Elke
Liebste Elke,wie schön,dass Du wieder bloggst.ich habe Deinen Sprachlichen Tonfall sofort erkannt und Deine Blogs sind auch in Deiner Handschrift.danke fürs Vorbeischauen
LöschenAlso so ich finde auch, dass es nicht weh tun muss.... Was für ein absurder Gedanke! Es sollte von Herzen kommen. Das finde ich wichtig. Da ich ja nicht so wahnsinnig oft "in die Stadt " komme, werde ich natürlich auch nicht oft mit solchen Situationen konfrontiert. Sehr schön finde ich, wie du damit umgehst ☺️
AntwortenLöschenIch bin mir sicher, wärst Du täglich Städterin, Du wärst auch großzügig. Kennst Du das Buch von Luisa Francia STEIN REICH, mir war das jetzt gar nicht fremd, aber sie beschreibt das auch ganz schön, wie Frau mit Bettelnden und dem Bettelgeld umgehen kann. Kuckcuck nach Franken
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