2. Tag Fastenzeit
In der U Bahn, am Stammtisch, unter Freundinnen, bei der Bäckerin,
überall kleine Gesprächsfetzen
Jetzt beginnt ja die Fastenzeit, was fastest Du?
Weniger Alkohol
Nichts Süßes
Keine Milchprodukte
Vegan essen
Keinen Kaffee
Ich denke so, diese ganzen Wohlstandsattitüden, da hat keine ein Glück von.
Aber wir fasten.
Ich kann gar nicht fasten mit Essen, da unterzuckere ich und werde ungeniessbar...eine Begegnung mit mir ist dann eine Katastrophe. Ich tauge also nicht dafür. Trotzdem finde ich diese Fastenzeit total toll, dies auf Ostern zugehen, sich mit Leben und Tod, Verrat und Loyalität, Auferstehungsgedanken auseinandersetzen. Sich etwas abverlangen. Etwas ungewohntes machen, was nutzt in Unnützem.
Gestern am Nebentisch im Café zwei Frauen. Eine besucht als Seniorin die Uni als Gästin. Sie muss 100 Euro dafür bezahlen. Früher konnten wir kostenlos studieren, egal welche Altersgruppe.
Die Studierenden stellen grade ihre Projekte für die Abschlussarbeiten vor.
Das Thema: Gemeinwesen in der Gesellschaft. Jede für sich alleine ein Projekt über Gemeinwesen. Mir tut das pädagogische und therapeutische und feministische Herz weh, wenn ich das höre. Gemeinwesenarbeit braucht Gemeinschaft, braucht Gruppenprojektarbeit. Ich schaue die Frau an und sage das auch.
„Sprechen Sie das an, damit werden sie punkten, das ist die Weisheit der Alten!“ fordere ich sie auf.
„Ich war Lehrerin, dass ich darauf nicht selber gekommen bin.“
Wir lachen.
Und schon sind wir beim Fasten. Die andere Freundin kommt mit dem Thema rüber.
„Ich will nicht mehr fasten,“ sagt sie mit einem Nachdruck, als ob Alter quasi dafür herhalten könnte.
„Dann teilen Sie doch,“ rutscht es mir so raus und denke noch, och hoffentlich werden die nicht gleich sauer. Aber nein, den Gefallen tun sie mir nicht. Sie drehen ihren Tisch zu meinem, zücken Stifte und Papier und zack entwickeln wir Fastenwochenprojekte zum Teilen.
Geld teilen
Aufmerksamkeit teilen
Essen
teilen, selbst mal weniger essen und Essen oder gespartes Geld abgeben
Freundlich sein und mehr darauf achten
Aufmerksamkeit kultivieren
Teilen macht sowieso glücklich
Geben ist seeliger denn Nehmen
Ich finde ja beides üben gut
Nehmen will auch gelernt sein, grade bei und unter Frauen
Mir fällt noch die Geste der Bettelgroschen ein, immer Bettelgeld dabei haben
Betteln ist nämlich harte Arbeit
Vielleicht auch einer Frau beim Betteln helfen für eine halbe Stunde
Tut
einer ganz gut im Wohlstandsdenken.
Ja so viel erstmal von mir hier zur Fastenzeit
Ideen werden gerne angenommen und aufgenommen und geteilt
Gemeinschaftsprojekt für Bloggerinnen
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