WONDERSTORIES Die Reiher

 

 

 

WONDERSTORIES

Die Reiher

 

Es passiert mir immer wieder und immer aufs Neue frage ich mich dann, woher kommen diese Momente und dann weiß ich im tiefsten Inneren, dass nichts verloren geht und alles zusammenhängt und dass Zeit nicht linear verläuft und dass alles auch parallel geschieht.

Das nenne ich dann magisches Leben.

Vor kurzem wurde eine gute Freundin von mir operiert.

An dem Tag selber und mit einer ungefähren Zeitangabe zwischen 8 und 10 Uhr versuchte ich meinen Alltag danach auszurichten, ihr zuzureden zuzuleben zuzubeten und nahm sie in mein Lebensfeld bewusster hinein. Nicht ununterbrochen aber doch immer wieder erinnert.

Um kurz nach 8 Uhr dann ging ich meinen Morgenlauf und richtete mich innerlich etwas danach aus, ihr eine gute Operateurin und heilende Hände zu wünschen, die ihr Tagwerk gesegnet täten.

Ich nahm die Route am Landwehrkanal und durch den Tiergarten. Meine Freundin kennt glaube ich alle Vögel am Flug, an den Tönen und einfach sowieso. Ihr Vater hatte ihr das beigebracht. Seit ich sie kenne, weiß ich, dass auch hier in Berlin alles fliegt, wovon ich nichts wusste.

Noch während ich dem Gedanken nachhing, landete keine 5 Meter von mir entfernt eine Reiherdame. Elegant aber etwas laut. Sie sehen so lustig aus, wenn sie am Schluss der Landung leicht einknicken und ihre Eleganz im Leichtstolpern fast verlieren. Ich freute mich an ihrer Unerschrockenheit. Ich fotografiere Vögel nicht mehr in der Nähe. Sie hauen immer ab, sobald ich die Linse hebe. Sie werden gute Gründe habe. Ich wiederum betrachte eben genauer, auch gut.

Der Reiher begann neben mir her zu stolpern und ich begann mich daran zu freuen.

So näherten wir uns dem Schleusengebiet. Auf sechs Stahlstehlen saßen sechs Reiher. Meine Begleitung blieb bei mir am Uferrand immer in dem Sicherheitsabstand. Rundherum hockten am Ufer Möwen. Einige kreisten über dem ganzen Szenario. Es war totenstill.

Plötzlich sprang ein großer Fisch neben der Böschung hoch und verschwand mit lautem Krach wieder im Wasser. Ich erblickte viele Fisch. Kleine und große. Alle unter der Wasseroberfläche. Sie schwammen an den Reihern und Möwen vorbei. Niemand fraß niemanden. Alle verharrten in einer geisterhaften Stimmung. Unbeweglich und tonlos.

Hinter mir liefen Fußgänger und fuhren Fahrräder unbeirrt hin und her. Ich fühlte mich wie in einem Zeitkokon.

Ich wurde gewahr, dass dies vielleicht die Operationszeit war. Ich erinnerte auch, dass ich am Anfang des Spaziergang die Vögel um den Schutz meiner Freundin gebeten hatte.

Dass dies dann so erlebbar vielleicht geschehen könnte, das überraschte mich dann doch.

So stand ich da vielleicht 5 oder 7 oder 10 Minuten, irgendwann setzte ich mich auf den Rasen und bedankte mich für diese Szene und nahms als Zeichen. Als ich wieder aufstand, begannen die Reiher einfach kleine Fische mal so aufzugabeln und die Möwen stürzten sich ins Wasser. Ich lief nach Hause und diese reiche Szene hatte mir das Bild vermittelt, es ist alles im Überfluss da, Hilfe Nahrung Tiere Begleitung Spirit Ruhe Leben Wunder...

Am Nachmittag dann besuchte ich meine Freundin. Sie war gut aus der Narkose aufgewacht.

Normalerweise verträgt sie die Medikamente nicht so gut.

Sie hatte geträumt. Von sieben Reihern und fliegenden Fischen.