Dienstag, 15. Juli 2025

Die Demenz Ein Kobold

 


 

DIE DEMENZ EIN KOBOLD

 

Eine Freundin von mir erkrankte vor einiger Zeit an Demenz.

Diese Krankheit lässt die Worte fortfliegen, die Sinnhaftigkeiten verlieren ihren Boden, Erinnerungen zerstreuen sich, Orientierungen offenbaren ihre Schein Heiligkeit. In Momenten des kurzeitigen Erwachens schreit die Verzweiflung auf oder aber Momente des Glücks tanzen auf der Nase, Gewissheiten war gestern, das Heute ist was ist.

Umso wichtiger wird der Tanz der Wachen und Aufmerksamen drum herum.

Gestern waren sowohl Erwachen als auch Aufmerksamkeit verlangt, beides war nicht zu greifen.

Wir betreuen unsere Freundin im Reih um Verfahren und sind kontinuierlich für bestimmte Tage und Aufgaben zuständig.

Der Mittwoch gehört den Finanzen, dem Geldabheben, dem Portemonnaie und danach anderen Aktivitäten.

Am Mittwoch fehlte die Geldbörse, damit alle Bank- und Krankenkassenkarten. Das Täschchen lag nicht an dem dafür vorgesehenen Ort. Jetzt begann eine Suche der besonderen Art.

Es ist schlicht der Horror, mit einem Menschen etwas zu suchen, die schlimmstenfalls nicht einmal mehr sich selber findet, geschweige denn schlichte Dinge des Alltags. Die Wohnung ist riesengroß. Ich glaube, wir suchten zu dritt eine viertel Stunde lang. Nichts niente nada.

Dann plötzlich kam ich drauf und mir schwante die Lösung.

Unsere Freundin hatte sich eigenständig ausgehfertig gemacht. So wie früher.

Ich schaute sie an. Ich schaute auf ihre Jacke, die rechte Tasche war dick, die linke auch. Früher trug sie ihre Börse in der linken Jacken- oder Hosentasche, rechts steckten Schlüssel und Taschentuch.

Sie hatte sich allein zurecht gemacht. Alles war an dem rechten Platz und wir begannen in unserer Verzweiflung lauthals und unkontrolliert vor Erleichterung zu lachen.

Damit hatte ich nicht gerechnet, dass es eine alte Gewohnheit sein konnte.

Wir waren es mittlerweile gewohnt, dass ich das Portemonnaie griff und in meinen Rucksack steckte. Aber an diesem Tag hatte die alte, die wirkliche Freundin ihre alte Gewohnheit wiedergefunden, für Minuten zumindest.

Das hatte ich nun auch gelernt: In der dementen Freundin lebt nach wie vor die Urseele ihres Lebens. Beinahe hatte ich auch dies Wissen verloren, meine Erinnerung für beide.

 

Und trotz alledem: Die Situationskomik war grandios. Die Wohnung steht Kopf, wir auch und trotzdem ist alles an dem gewohnten Ort.

  

Montag, 14. Juli 2025

Wonder Story/Anonyme Zeichnerinnen

 


 

Wonder Story/Anonyme Zeichnerinnen

 

Es gibt einen Malwettbewerb, in dem alle Malerinnen und Maler aus der ganzen Welt Bilder einreichen können. Alles, was gezeichnet und gemalt wird. Die Arbeiten werden ohne Namensnennung der Urheberinnen ausgestellt und zu Verkauf angeboten. Jedes Bild kostet 250 Euro und kann vor Ort oder online gekauft werden. Sobald ein Verkauf getätigt ist, wird das Bild abgehängt und die Leerstelle wird mit dem Namen der Künstlerin gekennzeichnet.

Es gibt keine inhaltlichen oder formalen Vorgaben. Nur, dass das Bild nicht größer als A3 sein darf.

 

Gesagt getan sagten sich zwei Schwestern, die sich seit vielen Jahren mieden. Die eine von beiden, eine bekannte Künstlerin, die andere malt schreibt jobbt, würde sich aber nicht als Künstlerin, bestenfalls als Lebenskünstlerin bezeichnen. Ich kenne die letzte von beiden persönlich recht gut und finde ihre Bilder wunderschön, gekonnt gezeichnet und gemalt, also für mich ist sie  eine Künstlerin.

 

Gut, dieser Wettbewerb legt ja nun weder aufs Eine noch die andere Bezeichnung Wert, 1000 Bilder wurden also im Kunsthaus Bethanien 2024-2025 ausgestellt und tingeln seither in Erfurt und danach Hamburg herum.

 

Zur Eröffnung in Berlin trafen beide Schwestern unvorbereitet aufeinander. Die Freude war verhalten, beide blieben zurückhaltend und kamen nur vorsichtig ins Gespräch. Würden sie das Bild der jeweils anderen unter 1000 erkennen?

Ja, die Lebenskünstlerin schaffte es, kannte sie doch den Stil der bekannten Malerin Schwester. Diese aber winkte gleich ab, das kann ich nicht und diese Art der Verneinung kam durchaus als Abwehr an.

Drum wie num, wie die Berlinerin zu sagen pflegt, beide trennten sich noch während der Vernissage distanziert voneinander und damit hätte es doch belassen sein können.

Aber nicht mit und in diesem Leben!

Nach drei Tagen rief meine Freundin an und berichtete voller Stolz, dass sie ihr Bild verkauft hatte. Ein Krug, eine Vase und eine Tasse als Stillleben. Mit Buntstift gezeichnet. Zart und trotzdem ausdrucksstark.

Und nun rate mal, wer´s gekauft hat?

Distanz hin oder her…die Künstlerin Schwester.

So ist das Leben.

Es schenkt uns zuweilen da ein, wo es mangelt oder einer Lektion bedarf.

Nun gibt’s eine Nähe…ein Bild der Schwester in den eigenen Atelierräumen. Näher geht’s eben nicht, aber dicht genug.

 

Traust Du Dich jetzt, Dich Künstlerin zu nennen?

Ja.

 

 

 

 

Sonntag, 13. Juli 2025

Wege des Glücks DER REGEN

 



 
Seit zwei Tagen regnet es in Berlin.
Endlich sagen einige,
andere beschweren sich.
Ich finde die Luft viel schöner und es war in den letzten Wochen sehr trocken hier.
Heute früh überlegte ich kurz, dann flog mir die rettende Idee zu:
RAUS
DIE BESCHEUERTESTEN SACHEN ANZIEHEN,
SCHUHE AN,
REGENJACKE ÜBER,
RAUS
Nicht waschen nicht schminken nicht schmücken
Geld in die Jacke und los
Ich habe eine Kleid angezogen, von dem ich gar nicht ahnte, dass es mir passt und eine Leggings und
Turnschuhe und raus.
Unter wirklich laufendem Regen
die Strassen alleine
nur die Vögel, die sich tummeln,
ein Fuchs, der sich schüttelte,
und alles roch so gut
Ich war sofort glücklich.
 
 



 
 
Auf dem Weg 
zum Glück
zum Tanz
unterm Regen
aufgebrochen
Das warme Nass
läßt mich
wachsen
über mich hinaus
Leben eben! 







 
  

Sonntag, 6. Juli 2025

Einfach nur Sonntagsgöttin

Wenn Ruhe einkehrt
Wenn Stille nur Farben verträgt 
Wenn es dann ganz ruhig wird
Wenn hier Frieden ist
Dann gilt nur das:
Hier ist Frieden