Mittwoch, 25. Mai 2016

STEHGREIF DES MORGENS





Fröhlich singe ich dem Spatz
Reingesänge in der Hatz
Eine Liebe soll er finden
In der Esche oder aber bei den Linden

Diese Meise
die liebt mich
und mein Futter

Dienstag, 17. Mai 2016

SEI DENNOCH UNVERZAGT





Obdachlos
Am Pfingstsonntag stand dieser Mensch wortlos auf dem Leipziger Platz. Ungerührt verharrte er in dieser Position. Er wünschte keine Hilfe, kein Geld, keine andere Kleidung, er wollte nur angesehen werden und erwiderte meinen Blick freundlich, mit herzlichen, fast lächelnden Augen. Der Vollbart ließ sein Gesicht erkennen. Die Augen berührten und nur dort sollte Berührung stattfinden. Meine Fragen erwiderte er nur mit Nicken oder Kopfschütteln.
So standen wir einander gegenüber und blickten uns wortlos eine ganze Weile an. Dann plötzlich stieg in mir ein altes Gedicht auf, von Paul Fleming. Ohne Nachzudenke begann ich es herzusagen.

Sei dennoch unverzagt, gib dennoch unverloren,
weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
vergnüg Dich an Dir und acht es für kein Leid,
hat sich gleich wider Dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Ich stockte, weil ich nicht gleich den Text erinnerte, der noch folgte und den er nach meinem Innehalten gerührt weiter sprach:

Was Dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
nimm Dein Verhängnis an, lass alles unbereut,
Tu, was getan muß sein, und eh´man Dir´s gebeut.
Was Du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.

Dann stockte auch er und nach kurzem Nachsinnen von uns beiden, fuhren wir gemeinsam fort herzusagen:

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
Ist ihm ein jeder selbst.  Schau alle Sachen an:
Dies alles ist in Dir. Lass Deinen eitlen Wahn,

und eh´Du förder gehst, so geh´in Dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
dem ist die weite Welt und alles aufgetan.

Unsere Blicke umarmten sich. Eine Weile noch ließen wir den Klang der Welt nachwirken, dann verneigten wir uns leicht und gewiss voreinander. Ich durfte ihn von der Seite her fotografieren.
Dafür ist es im Leben schön, irgendwann einmal mit der Kultur des Gedichte Hersagens vertraut gemacht worden zu sein. Dieser Moment verband uns mehr als anderes. Der Himmel hatte sich für einen Moment lang aufgetan und wir sprachen eine gemeinsame Sprache. Seelenheil.

Sonntag, 15. Mai 2016

DER GEIST VON PFINGSTEN








DER  GEIST von PFINGSTEN

Gestern tummelten sich auf unserem Wochenmarkt viel Touristen_innen. Das macht das Treiben bunter und voller. Die Berliner_innen wissen, dass sie früher hin müssen, wenn sie es eher ruhig angehen lassen wollen oder dass es halt so sein wird.


Markteinkäufe


Also wir waren später dran und ich war guter Laune, als sich unvermittelt hintereinander unachtsame Rempeleien, Drängeleien und auch Vorgedrängel abspielten. Plötzlich reagierte ich intolerant und streng, als eine Frau mir sehr freundlich ihre Hand auf meine Schulter legte, sich für ihr Gedrängel aufrichtig entschuldigte, mich vorließ und mich besänftigte:
„ Wir haben alle diese Momente. Wir zeigen uns unachtsam, drängeln, werden streng, und wollen doch alle auch gleichzeitig anders sein. Frohe Pfingsten!“
Wir begannen beide zu lachen, ich war erleichtert. Jetzt grade hatte Pfingsten begonnen.
Der freie Geist der Verbundenheit und Toleranz hatte Platz genommen.
FROHE PFINGSTEN in diesem Sinne!



Markteinkäufe

Donnerstag, 12. Mai 2016

SCHREIBEN GEGEN GRENZEN 1 und 2



PFLANZEN KENNEN KEINE GRENZEN



SCHREIBEN GEGEN GRENZEN

Ein Liebesbrief
An Dich
Ich liebe Dich
Mehr nicht
Ohne Bedingungen

SCHREIBEN GEGEN GRENZEN

Ich heiße
Fliehende Menschen
WILLKOMMEN
Ohne Bedingungen

Wer ohne freien Willen
Mit aller Kraft
Seine Heimat verlässt
hat gute Gründe

wenn ich
ein offenes Herz
lebe
wird eine fliehende Frau
mir ihr Herz
ausschütten




Freitag, 6. Mai 2016

EISPIRATINNEN






Die Eisdiele ist meine persönlicher Favoritin unter Berlins LECKERSCHMECKEREISLÄDEN.
Seit drei Jahren futtere ich mich nach meinen Feierabenden durch die Phantasiewelten der unendlichen Traumsorten:
Mangovanille vegan mit Nussmilch
Erdbeerebasilikum, Hollunderminze, Apfelkuchen, Schokopudding vegan mit Tofu, Bountycoconut, Snickers klassik, Nuss mit Madelmilch, Pistazie auf Nuss…
irgendwie probieren sie alles aus und ich schmelze nur so dahin. Seit März esse ich keine Zuckersachen und Sweeties mehr. Ich wusste, die Eissaison würde ich mit wöchentlichen Portionen zu leben üben. Jetzt vor Himmelfahrt war es dann soweit. Der Arbeitstag war lang und aufregend und vorüber und ich gestattete mir den Besuch meine Eispiratinnen. Begeistert von der Vielfalt der neuen Sorten stand ich zuerst vor dem Problem der Wahl. Dann stand ich vor meinem leeren Portemonnaie und es entfuhr mir nur: „SCHEISSE“ … ein junger Vater mit seiner Tochter neben mir lachte…“was ist denn los?“
„Ich habe gar kein Bargeld mehr! Ich muss erst Geld holen…och ich hatte mich so aufs Eis gefreut!!!!“ entfuhr es mir fast trotzig.
„Darf ich Sie zu einem  Eis einladen?“ fragte er verständnisvoll.
Da mischte sich die Eischefin ein:“ Das geht aufs Haus! Dich kenne ich, Du bist eine Stammkundin…und toll, dass sie meine Kunden zum Eis einladen!“ fügte sie anerkennend zu.
Ich war gerettet…sie erkannte mich über den Winter hinweg wieder…ich war die glücklichste Eisesserin der Welt.
„Wieviel Eiskugeln willste haben?“
„Drei! Mit Piratinnendeko aus Mandelkrokant und einem Gummibärchen obendrauf.“
Sie grinste über beide Ohren. Ich hatte mich im Gegenzug an ihre Spezialtüfteleien in Sachen DEKO erinnert. „Du bist die Ute, stimmt´s?“
„Genau“, sogar meinen Namen kannte sie.
Leute, sowas passiert einem nur in Berlin, in Friedrichshain oder in jedem anderen KIEZ hier, wo Du bekannt bist durchs immer DASEIN…
Ich hatte Himbeerbasilikum, Mango und Holunderminze…alle Kugeln schmeckten GEIL, anders ist das nicht mehr zu nennen…
Geht einfach mal selber vorbei, wenn ihr zum Beispiel am Sonntag auf dem Boxhagener Platz den Flohmarkt besucht oder als Berlinbesucherinnen ohnehin alle Zeit der Welt für diese Stadt habt. Ich bin Berlinerin und glaube, dass ist ebenso schön wie zu sagen ich bin New Yorkerin. Beide Städte sind LEBENSGEFÜHLE…ich liebe beide…Städte und Lebensgefühle.

RAW GELÄNDE FRIEDRICHSHAIN Veranstaltungsort