Samstag, 29. August 2015

U Bahn Stories/Flüchtlinge geht auch anders



Sabine Weiss Egypte


 U Bahn Stories/Flüchtlinge geht auch anders
Auf dem Weg morgens zur Arbeit eine Szene, die alle Horrormeldungen der letzten Tage eine Absage an die Unmenschlichkeit erteilt.
Ein junger Migrant betritt mit schnellem Schritt die U-Bahn am Alexanderplatz in Richtung Hönow. Mit sich führt er einen Kinderwagen, darin ein kleines Mädchen, höchstens 3 Jahre alt. Im Zug sitzen Menschen aller Colour, aller Herkunft, aller Glaubensrichtungen, viele ältere Menschen, nichts ist auszumachen, außer, dass alle mit ihren Existenzen zu tun haben. Reich ist hier niemand, wohlhabend auch nicht, alles ist einfach, die Kleidungen schlicht, die Gesichter müde, angestrengt, es lacht niemand, kein Lächeln, einfach da sein und diesen Tag leben, irgendwie.
Ich schaue das kleine Mädchen an. Ihre Augen wirken ernst, tief, ernsthaft, viel zu früh für dieses Alter denke ich und schaue sie an, ebenso ernst. Wir weichen unseren Augen nicht aus. Der Vater blickt auf uns beide, auch ernst und abwartend. Ich will grade lächeln, da beginnt die Kleine erst vorsichtig, dann breiter und dann ganz offen zu lachen, ich lache auch und bin so erleichtert, dass aus dieser Ernsthaftigkeit etwas spielerisches und Kindliches wächst, in ihr und in mir. Dann hebt sie ihre Hand und winkt und ich winke auch und wir lachen und winken, und dann hebt sie beide Hände und winkt mit beiden Händen und nicht nur ich tue es ihr nach, sondern zwei ältere Frauen schwingen sich mit ein und das ganze Abteil beginnt zu lächeln, zu lachen und Arme hebe sich und es geht ein großer Zauber aus von dieser Fröhlichkeit des Augenblicks. Dann sagt der Vater etwas zu seiner Tochter und sie beginnen beide Kusshände zu werfen und wir fangen alle an Küsse herzend zu verschenken und auch der Drogenjunge neben mir hebt herzlich einen Kuss in das Abteil und für einen Moment gibt es keine Trennung zwischen Fremd und nichtfremd, und mir treten Tränen in die Augen und ich denke ganz leise in mir:
„DAS IST AUCH DEUTSCHLAND“,
und eine ganz alte Frau sagt´s laut: „Das ist Deutschland!“
und der Junge neben mir sagt,
„die Kleine hat angefangen mit der Wärme, wir müssen anfangen mir der Wärme“
und ein alter Mann sagt:
„Wir müssen einfach jeden mit Handkuss begrüßen und so geht’s“, Steht auf und geht hin zu dem Vater und gibt ihm seine Adresse und sagt, wenn Du Hilfe brauchst, rufe mich an, ich begleite Euch, oder versuche was zu tun,
und wir winken weiter und dann kommt Frankfurter Tor und die ersten steigen aus.
Das ist Deutschland. Auf diese Begegnung schaue ich mit bewegtem Herzen. Mit offenem Herzen begrüßen, Herzküsse verschwenden und winken und einladen. Einladen heißt Essen teilen, Musik teilen, zusammen singen, zusammen was durchsetzen, ZUSAMMENHALT.





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