Sabine Weiss Egypte |
U
Bahn Stories/Flüchtlinge geht auch anders
Auf
dem Weg morgens zur Arbeit eine Szene, die alle Horrormeldungen der letzten
Tage eine Absage an die Unmenschlichkeit erteilt.
Ein
junger Migrant betritt mit schnellem Schritt die U-Bahn am Alexanderplatz in
Richtung Hönow. Mit sich führt er einen Kinderwagen, darin ein kleines Mädchen,
höchstens 3 Jahre alt. Im Zug sitzen Menschen aller Colour, aller Herkunft,
aller Glaubensrichtungen, viele ältere Menschen, nichts ist auszumachen, außer,
dass alle mit ihren Existenzen zu tun haben. Reich ist hier niemand, wohlhabend
auch nicht, alles ist einfach, die Kleidungen schlicht, die Gesichter müde,
angestrengt, es lacht niemand, kein Lächeln, einfach da sein und diesen Tag
leben, irgendwie.
Ich
schaue das kleine Mädchen an. Ihre Augen wirken ernst, tief, ernsthaft, viel zu
früh für dieses Alter denke ich und schaue sie an, ebenso ernst. Wir weichen
unseren Augen nicht aus. Der Vater blickt auf uns beide, auch ernst und
abwartend. Ich will grade lächeln, da beginnt die Kleine erst vorsichtig, dann
breiter und dann ganz offen zu lachen, ich lache auch und bin so erleichtert,
dass aus dieser Ernsthaftigkeit etwas spielerisches und Kindliches wächst, in
ihr und in mir. Dann hebt sie ihre Hand und winkt und ich winke auch und wir
lachen und winken, und dann hebt sie beide Hände und winkt mit beiden Händen
und nicht nur ich tue es ihr nach, sondern zwei ältere Frauen schwingen sich
mit ein und das ganze Abteil beginnt zu lächeln, zu lachen und Arme hebe sich
und es geht ein großer Zauber aus von dieser Fröhlichkeit des Augenblicks. Dann
sagt der Vater etwas zu seiner Tochter und sie beginnen beide Kusshände zu
werfen und wir fangen alle an Küsse herzend zu verschenken und auch der Drogenjunge
neben mir hebt herzlich einen Kuss in das Abteil und für einen Moment gibt es
keine Trennung zwischen Fremd und nichtfremd, und mir treten Tränen in die
Augen und ich denke ganz leise in mir:
„DAS
IST AUCH DEUTSCHLAND“,
und
eine ganz alte Frau sagt´s laut: „Das ist Deutschland!“
und
der Junge neben mir sagt,
„die
Kleine hat angefangen mit der Wärme, wir müssen anfangen mir der Wärme“
und
ein alter Mann sagt:
„Wir
müssen einfach jeden mit Handkuss begrüßen und so geht’s“, Steht auf und geht
hin zu dem Vater und gibt ihm seine Adresse und sagt, wenn Du Hilfe brauchst,
rufe mich an, ich begleite Euch, oder versuche was zu tun,
und
wir winken weiter und dann kommt Frankfurter Tor und die ersten steigen aus.
Das
ist Deutschland. Auf diese Begegnung schaue ich mit bewegtem Herzen. Mit
offenem Herzen begrüßen, Herzküsse verschwenden und winken und einladen. Einladen heißt Essen teilen, Musik teilen, zusammen singen, zusammen was durchsetzen, ZUSAMMENHALT.
Ach, ist das schön und herzerwärmend. Danke für das Lächeln.
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