DER BODEN AUF DEM ICH LAUFE
Dass
Steinmetze aus großen Haufen Kopfpflastersteinen zielgerichtet einen
herausnehmen, sicher und flink zwischen die anderen im Boden setzen und so
damit Sorge tragen, dass wir eines Tages darauf sorglos laufen können, dass war
für mich bis dahin ein vollkommen normaler Anblick im Straßenverkehr. Dass der
eine oder andere diese Pflastersteine wieder herausriss und warf, erschien mir
schon weniger alltäglich, zumal ich diese Steine gar nicht aus dem Boden lösen
konnte. Dass unter diesem Pflaster der Strand lag, dieses Bild verdanke ich
einem Song. Nie hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, dass ich sicher laufen
konnte auf diesem Boden. Ich tat es einfach, Tag für Tag.
Dies
alles veränderte sich mit einem Schlag, als meine franco kanadische Freundin Amelie
in Begeisterung beim Anblick eines Steinmetzes bei seiner Arbeit ausbrach. Sie konnte sich gar nicht
entscheiden, ob und wie sie ihn auf französisch, deutsch oder englisch loben
sollte. Er schaute sie geduldig an und erklärte mir, dass sie dort drüber alle
Städte zubetonierten. Dazwischen versicherte sie mir, dass es keine Chance auf
Grün gäbe in ihrer Stadt. Sie öffnete mir die Augen für den Schatz auf meinen
Wegen in dieser Stadt.
Mutter
Erde zwischen den Steinen schafft natürlich Wunder.
Auswüchse
zeigen sich bei Champignons und Löwenzahn, die noch überall ihren Platz
behaupten und sogar die betonierten Straßen brechen.
Auf
welchen Böden marschieren wir?
Welche
Bahnen ziehen wir?
Wie
bewegen wir uns fort?
Ich
gehe unheimlich gerne barfuß.
Trockener
Sand kitzelt mich zwischen den Zehen.
Schmatzende
Morgenwiesen geben Matsch unter den Füßen frei und wiegen meinen Gang.
In
den Straßen der Stadt lege ich die Füße in Trackingsandalen. Weit und frei in
Schuhen oder das Gefühl fast barfüßig die Wege zu laufen.
In
geschlossenen Räumen wandle ich nur in Socken, Hausschuhe sind mir ein Graus.
Selbst im Hausflur von Etage zu Etage bewege ich mich in Woll- und Stop-Socken.
Ich
durchwandere gedankenlos Böden, die mich selbstverständlich sicher tragen.
Basalt kühlt mich, Holz wärmt die Sohlen, Terrazzo sprengt den Blick,
Keramikkacheln beruhigen die Sauberkeit, Boten kühlt den Blick, Kork weicht ihn
auf, Katzensteinkopfplaster lässt ihn hopsen, Steinplatten suchen den ruhigen
Wandel oder die Hopse Spiele meiner Kindheit. Kreide hält auf Holz, Schiefer,
rauen Beton, Steinen. Unserer Bewegungsfreiheit und Fantasie waren keine
Grenzen gesetzt. Marmor setzt der Hitze Grenzen und lässt uns großzügig denken.
Das
reine grüne Moos macht Schuhe überflüssig, wir schweben darauf davon. Waldboden
ermüdet die Sohlen und die Aufmerksamkeit. Der Wald fordert allen Sinnen bei
der Barfüßigen alles ab.
Welche
ein Luxus also, dass ich mich ohne nachzudenken draußen und drinnen auf Böden
bewegen kann. Wie dankbar fühle ich mich im Besitz bequemer Schuhe, die mich
tragen.
Gesunde
Füßen erleichtern mir gesundes Denken.
Mein
Geist wird nicht von Schmerzen abgelenkt, er entfaltet sich frei und
ungebunden.
Der
Boden auf dem ich mich bewege tut das seine dazu.
Auf
welchen Böden habe ich laufen gelernt?
Meine
Lebendigkeit zeigte sich eher im Sprechen als im Laufen. Motorisch zeigte ich
viel Kraft, allein das Laufgitter hielt mich in Grenzen. Mir genügten gute
Sonnenplätze und Bücher und Wasser zum Schwimmen und Bälle zum Rollen und
werfen. Die Menschen brauchte ich unbedingt, denn ich quasselte für mein Leben
gerne. Das ungefähr war der Boden, auf dem ich laufen lernte.
Mit
Kirschen an den Ohren überwand ich das Laufgitter, stapfte munter durchs Gras
zum Tisch, auf dem Schokolade lockte. So lernte ich laufen und Grenzen
überwinden, zielorientiert. Auf Gras, Holz, Sand und Steinen. Kitzeln an den
Fußsohlen, Zehen zusammenziehen, huhuhhuhhu. Schuhe bedeuteten Enge. Wenn schon
dann mit Reißverschluss, Schuhe binden schien mir unlösbar und ein Graus. Mein
Vater sorgte von Anbeginn für die Bequemlichkeit der Schuhe. Alle Zehen
nebeneinander brauchen genug Platz, nach oben brauch ein Schuh Spiel und vorne
darf man nicht sofort anstoßen, das waren seine Vorgaben beim Schuhkauf. Danke
dafür.
Auf
welchen Böden lauft ihr am liebsten?
Wo
habt ihr Laufen erlernt?
Welche
Böden sichern Euren Weg?
Uns
allen einen sicheren Gang durch diesen Tag, mögen sich die Böden zu unseren
Füßen in einen schönen Tag entfalten, frei von Zerstörung, offen für die Weite
und Freiheit unserer Geister.
wie toll dein Beitrag ist also ich bewundere sie auch wenn sie auf den Knien rumrutschen und ein Stein nach dem anderen einstzen erstmal ist das ein Mordsarbeit sieht aber auch toll aus..
AntwortenLöschenich liebe den Sand oder die Wiese unter meinen nackten Füssen, ich gehe so wenig wie möglich mit Schuhen und wenn dann bequeme Schuhe. Da ich leider seit vielen Jahren schwere grobe dicken Kompressionsstrümpfe tragen muss ist das eine Lebenseinschränkung pur für mich eine Qual aber wenns sein muss... so reisse ich sie hinunter und bin wie ein lustiges Barfüssiges Mädchen das nie aber nimmer was an den Füssen brauchen kann, weil es gehört zur Freiheit...
Spüren all das was so natürlich unter unsere Füsse spürbar ist das muss auch sein!
Lieben Gruss Elke
nach monatelangen fußschmerzen, die unerträglich waren, kann ich wieder leben und atmen und anfangen pläne zu schmieden und jeden tag dankbar sein. dankbar, dass ich gehen kann. barfuß am allerliebsten. dankbarkeit für das gehenkönnen zelebriere ich jetzt täglich.
AntwortenLöschenich möchte manchmal an den menschen rütteln, wenn sie sich mit banalen (konsumenten) sorgen das leben erschweren.wie unwichtig das alles wird angesichts krankheit und leiden. nichts geht über eigene mobilität und gesundheit.
ein sehr schöner eintrag, danke
m.
Dein Beitrag erinnert mich daran, dass wir uns eigendlich viel zu wenig Gedanken darüber machen, was wir unseren Füßen täglich antun, wenn wir sie in "künstliche" Schuhe zwängen und wie unsensibel ich mich manchmal auf Wegen bewege. Ich habe mir in der Form, wie du dich mit diesem Thema auseinander gesetzt hast, noch nicht auseinander gesetzt. Beachtenswerte Überlegungen...und gerade sehr wichtige Denkanstöße für mich. Danke dafür.
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Faraday