DIE SPINNERIN
Die Spinnerin, mit dem
Schicksalsfaden, der Anfang und Ende miteinander verbindet,
die Spinnerin, die mahnt,
sich und andere nicht zu verstricken,
die Spinnerin, die
verbindet,
die Spinnerin, die
Geschichten spinnt,
die Spinnerin, die vernetzt,
die Spinnerin, die Hüterin
der Geburt und des Todes…
DIE NORNE ist die SPINNERIN…
Sie begleitet mich in diesem
Monat…
Am Anfang bekam ich einen
Schreck, zu sehr sind in den letzten Jahren die endlichen Momente in mein Leben
getreten, schnell fürchte ich den Tod naher Menschen…aber wenn ich diese Furcht
in den Vordergrund treten lasse, wenn ich diesen Faden aufnehme, dann spüre
ich, dass der Faden dann dennoch weiter gesponnen wird, dass nie ALLES zu Ende
geht, dass sich eben das Nebeneinander verändert…Die Verbundenheit bleibt und
ändert sich…und damit erfüllt die Norne auch schon ihr Dasein: laut Luisa
Francia bringt sie die Endlichkeit des Lebens ins Bewusstsein und erinnert uns
an unsere Sterblichkeit.(Luisa Francia. Das Göttinnenspiel. Nymphenburger 2012)
Und wie tritt sie mir zur
Seite, wie zeigt sie sich mir?
Vorgestern kam ich
nachmittags Nachhause und im Garten liegt am hellerlichten Tag mitten in der
Sonne die Füchsin. Zuerst dachte ich, wie ungewöhnlich, die Uhrzeit…mitten am
Tag…der Ort…so sicht- und angreifbar. Es schien, als WOLLTE SIE UNBEDINGT GESEHEN
werden…nach genauem Hinsehen spürte ich, dass noch etwas nicht stimmte, ihre
Bewegungen…als würde sie sich putzen wichen meiner Wahrnehmung einer großen
Kraftlosigkeit, als würden die Gelenke nicht halten, als sackte der Kopf und
der ganze feine Körper ohne Kontrolle weg…die Kraftlosigkeit…ein SCHWERE
Schwäche…
Als ich dann vor ihr stand
war es nicht zu übersehen…sie war vergiftet…die Fliegen saßen schon an allen
Körperöffnungen und der Schleim und Schaum saßen ebenfalls dort…ihr Blick war
halb gebrochen…reichte aber aus, mich zu erreichen und für ihren schnellstmöglichen
Tod mitzuhelfen…als sie dann erschossen dort lag…erinnerte ich mich an die
feinen stillen lebendigen Momente zwischen und mit uns…und ich erinnerte mich
an meine eigenen kraftlosen Monate vor 18 Monaten…daran, dass ich mein Leben
fast selber vergiftet hatte, mir den Lebensfaden fast selber geraubt hatte…die
schlaue Füchsin hatte sich vergiften lassen…vielleicht in einem Moment der Gier
oder Unachtsamkeit…nicht anders geht es auch mir zuweilen…wenn ich nicht
achtsam mit dem Lebensfaden umgehe…ihn besonnen spinne…die spinnt doch…na und?
Verbundenheit und
Lebensfreude und Endlichkeit sind versponnene Momente…in diesem Sinne
SPINNE, was das Zeug hält…
Wir halten nicht alle Fäden
in der Hand…
Die Füchsin ist bei mir und
doch in ihrem Totenreich…
Es war mir eine Ehre für sie
den letzten Faden mit spinnen zu dürfen…