Sonntag, 14. Oktober 2012

ANTI DEPRESSIVA






ANTI DEPRESSIVA

Es gibt nichts Gutes
Außer du tust es
Lebe das Leben
In vollen Zügen

Und wenn Dir
Der Schuh drückt
Lauf einfach
BAR FUSS weiter

ZEIT GEISTER BESCHWÖRUNG
Wie sich die Gesten gleichen und die Worte gleich hohl hallen. Eine Freundin berichtete mir gestern, dass ihr Freund letzte Wochen zum Hausarzt ging. Er kann nicht mehr. Er fühlt sich ausgelaugt, weint andauernd, fühlt keinen Lebensmut mehr und fährt bei jeder Gelegenheit aus der Haut. Eine ähnliche Situation hatte er vor zwei Jahren schon einmal, da war er sechs Wochen Zuhause geblieben. Er wollte eine Kur beantragen und sich auf jeden Fall krankschreiben lassen. Der Arzt schaut ihn an und sagt: bevor sie nicht mindestens ½ Jahr Antidepressiva genommen und sich in psychiatrische Behandlung begeben haben, bekommen sie keine Reha oder Kur genehmigt. Und dann kam sie, die unheilvolle Beschwörung eines irgendwie hervorgezauberten Zeitgeistes.
Genauso die Situation von mir vor 12 Monaten. Meine Lebensenergie hatte sich über einen längeren Zeitraum komplett minimiert. Ich selber hatte mich verbrannt. Meine Lebensgefährtin erkrankte schwer, meine Eltern kamen in kurzen Abständen mehrmals ins Krankenhaus und ich hatte kurz zuvor eine anspruchsvolle Stelle angetreten. Es war ein großer Wirbel, ich reagierte ununterbrochen, vergaß alles IN MIR, und in diesem Wirbel bin ich am Ende zu Boden gegangen. Es war alles erst einmal weg:
Meine Kraft
Meine Gefühle
Meine Wünsche
Meine Träume
Ich hatte sogar meine Körperübungen vergessen und konnte mich nicht mehr daran erinnern, dass ich tanzen kann. NICHTS MEHR. NICHT EINEN FUNKEN HOFFNUNG. Mein ganzer Körper schmerzte, Migräne kam und ging immer häufiger.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich dann von einer betroffenen Freundin hörte: EIN JAHR RAUS. WEG VON DER ARBEIT.
Ich kann mich nicht erinnern, dass ein Geist gekommen wäre, der gesagt hätte, nun nimmst Du Antidepressiva und Beruhigungsmittel. Ich erinnere mich, dass eine Psychiaterin kam, die mir zu verstehen gab, dass es derzeit dem Zeitgeist entspräche, diese Medikamente zu verschreiben und mir zwei Großpackungen hinlegte. Ich hatte sie aber nur aufgesucht, damit sie mit mir eine Reha beantragen sollte, was sie dann auch tat. Die Großpackungen schob ich zurück. Dann habe ich ihr erzählt, was mein Zeitgeist dazu sagt:

Geh raus aus allen Sorgen und vertraue auf die Krise
Kümmere dich um dich selber
Schöpfe kraft aus Dingen und Aktivitäten, die Dir Freude machen
Gehe täglich raus spazieren
Bereite dir regelmäßig gesunde Nahrung zu
Bewege deinen Körper so wie es Dir entspricht
Gehe schwimmen
Tanze
Treffen Freundinnen
Vertrauen dich anderen Menschen an
Suche Gemeinschaft und Rückzug
Meditiere
Vertraue darauf, dass die Kraft wiederkommt
Suche dir Hilfe bei einer guten Therapeutin

Es hat ohne Medikamente 11 Monate gedauert, dass ich langsam wieder arbeiten gehen und auch an meinem Beruf wieder Freude finden konnte. Es hatte  acht Monate gedauert, dass die Lebensfreude wiederkam. Es dauerte 5 Monate, bis ich zuweilen schmerzfrei war. Jedes Symptom kommt sofort wieder, wenn ich mich vergesse. Deshalb spaziere ich täglich und tanze und schwimme für mein Leben gern. Als Fachfrau weiß ich, dass ich in der Grundstruktur auf einem depressiven Boden laufe, den ich kreativ beackern und beleben darf. Ich muss da nur dran denken.

Im Feuer zu verbrennen bedeutet für mich, dass ich vergessen habe, wie ich mein Lebensfeuer gleichmäßig und wohlbedacht am Brennen halte…
Am wichtigsten waren für mich die Freundinnen, die Therapeutin und die Erinnerung daran, dass Gemeinschaft und menschlicher Kontakt die wahrhaftigen Heilmittel für Menschen sind.

Und dann gibt es ja auch noch den Wirbel im Trance Tanz. Das Chaos in den Rhythmen. In dieser Welt fühle ich mich frei und so leer und so still…, dass Neues Platz nehmen darf, irgendwann…




6 Kommentare:

  1. Liebe magierin,

    es liest sich gut und gerne und ist spannend wie jedeR den eigenen Weg findet. Auch mögen wir Deine Bilder gerne.

    Vielen Dank! Und liebe Grüße von uns,
    anja und co

    AntwortenLöschen
  2. Danke, dass du das mit uns teilst! Ich finde deine Worte unglaublich stark, weil sie auch für mich wie ein Mandra geworden sind. Nicht ganz in allen Punkten, aber fast. Ich hab eine ähnliche Zeit hinter mir und hab jetzt wieder Federn, muss nur noch das Fliegen neu lernen :)

    Alles Liebe

    irka

    AntwortenLöschen
  3. Ein sehr bewegender (in vielerlei Bedeutung!) Artikel, danke dafür!

    Alles Liebe,
    Liath

    AntwortenLöschen
  4. ja, sehr offen schreibst du. das liest sich gut.
    bei mir dauerte der niedergang länger und dafür das aufstehen auch. bin immer noch dabei.
    grüße
    manuela

    AntwortenLöschen
  5. Liebe Magierin,
    ich hab heute deinen Text zum zweiten Mal gelesen und immer noch finde ich es nicht leicht, dazu etwas ebenso Gutes zu schreiben. Also lass ich es bleiben und probier das, was daher kommt, nämlich dass ich dich sehr bewundere, vor allem deinen Mut, es so wahrhaftig zu veröffentlichen. Was du durchgestanden hast war heftig! Ich kenne es auf meine Art ebenso. Und drum freu ich mich, dass du wieder heraus bist und am Leben.
    Allein die Gestaltung deines blogs ist immer froher und schöner geworden und gefällt mir.
    Einen guten Herbst wünscht dir Ingrid aus Landshut

    AntwortenLöschen
  6. Ich wollte Dir schon im Okotber zu diesem Post anworten und habe es auch, aber auf der Arbeit geht der Kommentar nicht raus.

    Danke für Deine offenen Worte hier. Und bei nochmaligen lesen fühle ich mich wieder berührt. Zeigt mir auch, dass ich eine Auszeit brauche, die länger ist als 4 Wochen im letzten heißen August, wo ich von 4 Woche auch noch 2 Wochen wegen Rücken im Bett lag. Das deprimierte mich noch mehr.

    Was ich brauche ist Zeit. Zeit für mich und für meine Heilung. Heute gehe ich zum Arzt. Ich hoffe, er sieht es genauso.

    Grüße an Dich
    Oona

    AntwortenLöschen